Arne Dahl – vier durch vier
Mit vier durch vier liefert Arne Dahl den – Überraschung – vierten Band um Molly Blohm und Sam Berger ab.
Kurz zum Inhalt:
Sam hält sich, nach den Ereignissen des Vorgängers fünf plus drei mit einer kleinen Detektei über Wasser. Kleine Jobs im Milieu des Versicherungsbetrugs reichen grade so fürs Weitermachen. Auch hat er zwar wieder Kontakt zu seinen Zwillingen, aber so richtig rund läuft es nicht mit dem still point of the turning world. Und Sam Berger und Keller werden auch keine Freunde mehr.
Doch woran es der Bootshaus Security AB genau fehlt, ist der Kompagnon. Molly Blohm ist auf und davon, schwanger von Sam oder bereits Mutter des gemeinsamen Kindes. Zumindest jedoch seit einiger Zeit ohne Kontakt zu Sam.
Über seine ehemalige Polizeikollegin Deer wird der Kontakt zwischen Sam Berger und der Psychologin Rita Ohlén, die es auch schafft, Sam wieder ein wenig in die Spur zurück zu bringen.
Da es sich hier ja um einen Kriminalroman handelt gibt es nur zwei echte Möglichkeiten: Rita wird ermordet, oder sie hat einen Auftrag für Sam. In diesem Fall ist die zweite Variante.
Nadja, eine Patientin von Rita ist entführt worden. Ein Ultimatum gibt Sam knappe 3 Tage Zeit. Kopfüber stürzt Sam sich in die Ermittlung, bei der es um Russenmafia, Menschenhandel und um eine Handvoll Euros mehr geht.
Für den Leser wenig überraschend taucht auch Molly mit der gemeinsamen Tochter wieder auf und zusammen nehmen sich B&B des Falls an, der natürlich auch eine persönliche Komponente hat.
So fand ich es:
Arne Dahl versteht es hier, die Daumenschrauben langsam aber sicher fester zu ziehen. Beginnt die Story erst einmal recht ruhig, so nimmt sie spätestens ab der Entführung und des ablaufenden Ultimatums an Fahrt auf, wobei es um einige Kurven und Kehren geht, bis man zumindest meint, dass Arne Dahl einen nun nicht mehr aufs Glatteis führen könnte. Aber wie stets ist er uns doch oft einen Story-Twist voraus, wobei er die einzelnen Fäden straff in der Hand hält und nicht den Überblick verliert.
Am Ende wird das Buch tatsächlich zum klassischen Pageturner, ich habe lange nicht mehr so mit den Protagonisten mitgefiebert und beim Lesen eine solche Spannung erlebt.
Vier durch vier ist ein gelungener Nachfolger und eine echte Weiterentwicklung der Reihe um B&B. Arne Dahl hat, wie viele seiner Kollegen, den Anspruch, unsere Gesellschaft so zu zeigen wie sie ist. Und beim Thema Russenmafia und Menschenhandel bedeutet das, dass jeder durch seine eigene persönliche Hölle gegangen ist. Und dass es immer neue Höllen gibt, die man durchwandern muss. Das ist bei Arne Dahl sehr nachvollziehbar geschildert und oft harter Tobak.
Für mich ist und bleibt Arne Dahl der beste skandinavische Krimiautor. Ich kenne keinen, der mit so wenigen Sätzen eine Stimmung fühlbar machen kann. Sprachlich sind die Bücher von Arne Dahl meilenweit weg von den kalten, klaren 5-Wort-Sätzen der skandinavischen Kollegen. Hier von einer lyrischen Sprache zu schreiben ist wohl etwas zu hoch gegriffen, aber die Sprache von Arne Dahl ist eben doch Belle-tristik. Und auch, wenn es, wie in diesem Fall, wenig zu lachen gibt, so schafft er es doch immer wieder, Hoffnung und auch etwas Humor in seine Texte zu mischen.
Da bleibt dann doch zu Recht die Frage: Gibt es dann gar nichts zu kritisieren?
Gemessen an der großen Tradition der Schwedenkrimis tatsächlich nicht. Das Setting ist entsprechend düster, die Protagonisten haben Ihre Bürden zu tragen, wie es ja auch schon üblich ist. Dennoch hebt das sprachliche Vermögen von Arne Dahl seine Bücher aus der Großen Menge. Aber hier verbirgt sich für mich auch der Wehrmutstropfen. Mit den Büchern um Blohm und Berger hat sich Arne Dahl tatsächlich in den Bereich der klassischen Skandinavienkrimis begeben.
Bei den vorhergehenden Reihen von Arne Dahl, den zehn (-einhalb) Bänden um die A-Gruppe und die vier Opcop Titel, hat er es meisterhaft verstanden, jeweils eine ganze Gruppe in den Mittelgrund der Ermittlungen zu stellen. Es wurde geredet, geplant, gelacht, informiert, geweint, einzeln und zusammen nachgedacht und immer ermittelt. Hier konnte Arne Dahl sich grandios austoben, was die Interaktion der Charaktere betraf. Dies war seine Stärke. Und auch vier durch vier hat seine stärksten Momente dann, wenn sich um Molly Blohm und Sam Berger ein Team bildet, wie es zum Ende der Geschichte hin geschieht. Es mag subjektiv sein, aber ich habe das Gefühl, dass sich Arne Dahl hier wieder am wohlsten fühlt. Als Leser tue ich das zumindest.
Der Band ist als Krimi ohne größere Probleme für sich verständlich. Alle relevanten Verstrickungen, die in den vorhergehenden Bänden stattgefunden haben, werden hier zumindest so weit umrissen, dass man der Geschichte gut folgen kann. Aber natürlich ist mein Rat, beim ersten Band der B&B-Reihe – sieben minus eins – anzufangen.
Ich bin kein großer Freund der Mathe-Spielchen bei den einzelnen Titeln der Reihe, wobei zumindest im Fall von vier durch vier am Ende tatsächlich der Bezug zum Titel hergestellt wird. Im Original heißt dieser Band Friheten, also Freiheit, was ich für den besseren Titel halte. Wie ich bereits geschrieben habe, ist Arne Dahl eindeutig sprachlich anspruchsvoller als viele andere Krimiautoren, was den Job von Wibke Kuhn nicht unbedingt einfacher machen wird. Dennoch bin ich immer wieder erstaunt, wie gut ihre Übersetzung die Stimme Arne Dahls ins Deutsche überträgt.
Fazit:
Arne Dahl hat sich mit der Reihe um Molly Blohm und Sam Berger ein eher klassisches Setting für skandinavische Kriminalromane gegeben. Dass er in dieser Masse nicht untergeht, ist vor allem seinem sprachlichen Vermögen, seinem Humor und der erkennbaren Zuneigung zu seinen Figuren geschuldet.
Die Blohm und Berger-Reihe:
Band eins: sieben minus eins
Band zwei: sechs mal zwei
Band drei: fünf plus drei
Band vier: vier mal vier
Alle Bände sin im Piper Verlag erschienen.